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Sozialverband macht in Lingen auf das Thema Armut aufmerksam

Mit großen roten Figuren und einer Bodenzeitung haben ehrenamtliche Mitarbeiter des SoVD in Lingen auf das Thema Armut aufmerksam gemacht und mit Vertretern der Bundespolitik diskutiert.

Die Veranstaltung in Lingen ist Bestandteil der SoVD-Kampagne „Wie groß ist dein Armutsschatten?“, die niedersachsenweit auf die Situation von Menschen hinweist, die in Armut leben und armutsgefährdende Faktoren aufzeigt. Der Begriff „Armutsschatten“ steht dabei als Synonym für die individuelle Armutsgefährdung, die unter bestimmten Voraussetzungen jeden treffen kann. So werden Armutsbiografien und Armutsrisiken, etwa bei alleinerziehenden, geringqualifizierten, schwerbehinderten oder erwerbsgeminderten Menschen, aufgezeigt. Von der Politik fordert der SoVD, Armutsfaktoren zu beseitigen. „Eine der zentralen Aufgaben der Politik muss es sein, Armut wirkungsvoll zu bekämpfen“, so Bernhard Sackarendt, Vorsitzender des SoVD-Kreisverbandes Emsland. Eingeladen hatte der Sozialverband deshalb Bundestagsabgeordnete und Bundestagskandidaten aus dem Wahlkreis Mittelems.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann erklärte, dass er beeindruckt sei, dass der SoVD den Finger bei gesellschaftlichen Problemen in die Wunde lege. „Was ich auf jeden Fall mitnehme ist das Thema der Arbeitslosigkeit bei den schwerbehinderten Menschen“, so Stegemann. „Die Integration von Menschen mit Behinderungen ist eine zentrale Aufgabe, die ich gerne unterstützen möchte“, so der Abgeordnete. Auch andere Punkte seien richtigerweise angesprochen worden, insbesondere die Armutsgefahr der Alleinerziehenden. „Dort müssen wir politisch nacharbeiten.“

„Dass der SoVD eine Kampagne gestartet hat und auf akute Problemlagen aufmerksam gemacht hat, ist sehr wertvoll“, sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Daniela De Ridder. Die Kampagne verdeutliche Armutsrisiken sehr eindringlich. Ihr persönlich sei es seit vielen Jahren ein wichtiges Anliegen, sich für die Belange der Frauen einzusetzen, die aufgrund von Erziehungszeiten und der Pflege von Angehörigen zum armutsgefährdeten Personenkreis zählen. Hier müsse die Politik wirkungsvoller unterstützen, so De Ridder. 

„Dass der SoVD auf die Armutsrisiken in den jeweiligen Lebensbiografien von Menschen aufmerksam macht, finde ich sehr gut und spannend“, so der Bundestagskandidat der Grünen, Everhard Hüseman. Er habe über die Auseinandersetzung mit dem Thema viel mitgenommen und werde dies in seine politische Arbeit einfließen lassen. Hüseman erklärte unter anderem, dass er einen verpflichtenden Rentenanteil für Minijobs und höhere Mindestlöhne für sinnvoll halte. „Rentenpunkte müssen für jeden Handschlag, den man macht erworben werden können“, so Hüseman.

Vor allem das mögliche Armutsrisiko durch die Pflege entwickelte sich zwischen Politikern und SoVD-Vertretern zu einem intensiv diskutierten Punkt. Sackarendt kritisierte, dass die Deckelung des Eigenanteils bei der Betreuung in Pflegeheimen zu spät greife. „Statistisch gesehen leben die Menschen oft nicht so lange in einem Pflegeheim, um von der Deckelung zu profitieren“, so der SoVD-Kreisvorsitzende. Die Zuzahlungen seien für viele Menschen ein Problem und ein Armutsrisiko. Stegemann hielt dagegen, dass man das Pflegesystem über den Eigenanteil finanzieren müsse, um es zu stützen und um es wettbewerbsfähig zu halten. Die Politik müsse im Blick behalten, wie alles bezahlt werden könne. Eine „Vollkaskomentalität“ könne es nicht geben. „Das würde unser Sozialsysteme am Ende überfordern“, so der CDU-Politiker. De Ridder entgegnete, dass der Mensch im Mittelpunkt stehen solle. „Man muss von der Lebenssituation der Menschen ausgehen und dann über die Finanzierung sprechen“, sagte sie. Die SPD-Politikerin gab außerdem zu bedenken, dass oftmals Frauen diejenigen seien, die die Pflege ihrer Eltern und kranken Angehörigen übernähmen. So kämen Frauen häufig in eine Situation, in der sie armutsgefährdet seien. „Das bestehende Pflegesystem geht auf Kosten der Frauen, die durch ihren Einsatz in der häuslichen Pflege das System stützen“, so De Ridder. Hüseman stimmte zu, dass Frauen aufgrund der Pflege ihrer Angehörigen häufiger belastet seien und auch finanzielle Nachteile in Kauf nähmen. „Ihre Leistungen werden nicht genug honoriert. Ich glaube, das ist hier unstrittig“, so der Grünen-Politikern. Dagegen sprach er sich gegen eine finanzielle Vollversorgung aus. „Solange nur die Werte der Elterngeneration für die Pflege verwendet werden, kann ein Eigenanteil zugemutet werden“, sagte Hüseman.