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Sozialverband diskutiert mit Politik, Verwaltung und Kirchenvertretern in Lingen

Folgen von Vereinsamung und Wege aus der Einsamkeit sind Thema bei SoVD

In Lingen hat der Sozialverband Deutschland (SoVD) im Rahmen einer Podiumsdiskussion mit Politikern sowie Verbands-, Behörden- und Kirchenvertretern über die Folgen von Vereinsamung und Wege aus der Einsamkeit diskutiert. Die Diskussion fand im Rahmen der SoVD-Kampagne „Gemeinsam gegen einsam“ statt.

An der Diskussion nahmen auf dem Podium der Landtagsabgeordnete Christian Fühner (CDU), die Pressesprecherin des SoVD-Landesverbandes Niedersachsen, Stefanie Jäkel, die Sozialdezernentin des Landkreises Emsland, Dr. Sigrid  Kraujuttis, Christof Helming, Fachbereichsleiter Arbeit und Soziales bei der Stadt Lingen und Eva Schumacher, Pastoralreferentin der St. Bonifatius Kirchengemeinde Lingen teil. Moderiert wurde die Veranstaltung von Katharina Mehring. Eingeladen hatten der SoVD-Ortsverband Lingen und der SoVD-Kreisverband Emsland zur Diskussionsrunde, bei der rund 80 SoVD-Mitglieder und Interessierte anwesend waren.

Nach der Begrüßung durch Siggi Gebbeken, Vorsitzender des SoVD-Ortsverbandes Lingen, fasste SoVD-Landespressesprecherin Stefanie Jäkel die wesentlichen Aspekte des Themas zusammen und zeigte die SoVD-Position auf. So stehe laut einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft fest, dass sich jeder zehnte Mensch in Deutschland einsam fühle. Vereinsamung betreffe Seniorinnen und Senioren, Pflegebedürftige sowie Menschen mit Behinderung. Immer häufiger seien außerdem Kinder und Jugendliche sowie auch junge Erwachsene betroffen. Als Gründe für Vereinsamung nannte Jäkel unter anderem mangelnde Gelegenheiten zur gesellschaftlichen Teilhabe, wenn etwa Betroffene über zu wenige finanzielle Mittel verfügen. „Armut zählt zu den Hauptgründen, weshalb Menschen nicht mehr ausgehen, sich mit Freunden oder Bekannten treffen und zu Veranstaltungen gehen“, so Jäkel. Auch eine Behinderung, Krankheiten oder die Pflege von Angehörigen könnten dazu führen, dass Menschen nur wenige soziale Kontakte hätten und sich sozial isoliert fühlten. Der SoVD sehe die Politik in der Pflicht, hier nachzusteuern und Menschen zu entlasten sowie Teilhabe zu ermöglichen.

Zu Beginn der Diskussion fragte Moderatorin Mehring die Teilnehmer, ob es Situationen gegeben habe, in denen sie sich einsam gefühlt hätten und ob sie jemanden kennen, der einsam sei. Alle konnten Situationen nennen oder von Bekannten berichten, die zumindest zeitweise oder unter bestimmten Umständen unter wenigen Kontakten gelitten oder sich einsam gefühlt hatten. „Das zeigt doch, wie weit verbreitet Einsamkeit in unserer Gesellschaft ist“, fasste Mehring zusammen. Die Diskussionsteilnehmer erklärten darüber hinaus ausnahmslos, dass die gesellschaftlichen Folgen von Einsamkeit ernstgenommen werden müssten. Bei Betroffenen führe Einsamkeit nicht selten zu psychischen und körperlichen Erkrankungen. Dies habe zudem wirtschaftliche Konsequenzen für die Betroffenen selbst, aber auch für die Gesellschaft.

Als es um Lösungen zur Bekämpfung von Einsamkeit ging, zeigten Kraujuttis und Helming auf, dass es viele Ansätze auf Kreis- und Stadtebene gebe, um der Einsamkeit von Menschen zu begegnen. Laut Kraujuttis biete der Landkreis Beratungsangebote, etwa bei der Pflege, in denen unter anderem Entlastungsmöglichkeiten für Angehörige aufgezeigt werden. Auch auf kommunaler Ebene seien Institutionen bestrebt, zum Beispiel Freizeitangebote für Senioren zu schaffen oder Möglichkeiten aufzuzeigen, um im Ehrenamt aktiv zu werden. Laut Helming gebe es viele Stellschrauben, die bei diesem Thema nachjustiert werden könnten und müssten. „Das geht am besten in einem großen Netzwerk aus den verantwortlichen Behörden, Verbänden und Institutionen, wie beispielsweise dem Seniorenbeirat“, so Helming.

Eine Kontroverse gab es beim Lösungsvorschlag der Politik. Fühner erklärte, dass die gesellschaftlichen Folgen von Einsamkeit in der Politik ernst genommen werden. Deshalb fordere die CDU einen „Einsamkeitsbeauftragten“ für das Land Niedersachsen. Dieser solle dem Thema mehr Gewicht verleihen und gleichzeitig im Netzwerk mit Verbänden und Experten an Lösungen arbeiten. Jäkel sah das hingegen zu allgemein. Zwar lehne der SoVD diesen Vorschlag nicht grundsätzlich ab. „Aber so lösen wir die Probleme der Betroffenen nicht“, machte Jäkel deutlich. Vielmehr sei es notwendig, Rahmenbedingungen zu schaffen, um jedem die gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. „Das ist leider nicht der Fall, wenn wir uns die Armutsstatistiken ansehen“, so Jäkel. Hier müsse die Regierung mehr finanzielle Hilfen bereitstellen.

Einig waren sich die Diskussionsteilnehmer, dass jeder einen Beitrag dazu leisten kann, um einsamen Menschen zu helfen. „Wenn wir in unserer Gemeinde Menschen längere Zeit nicht in der Kirche sehen, hinterfragen wir das, nehmen Kontakt auf und bieten Hilfe oder das Gespräch an“, sagte Schuhmacher. Jeder könne in seinem Freundes- Verwandten- oder Bekanntenkreis ebenfalls nachfragen und helfen, wenn sich beispielsweise ein Freund längere Zeit nicht melde oder sich nicht mehr an den sonst üblichen Aktivitäten beteilige. Fühner stimmte dem zu. „Wer regelmäßig den Kontakt zu den Großeltern sucht oder Zeit mit alleinstehenden Angehörigen verbringt, leistet schon einen wichtigen Beitrag“, so der CDU-Politiker.