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Müntefering tritt beim SoVD in Lingen auf

Mit einem Vortrag über die Möglichkeiten einer aktiven Lebensgestaltung im Alter hat der ehemalige Vizekanzler und ehemalige Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen Franz Müntefering 120 Menschen in Lingen-Brögbern begeistert. Bei einer anschließenden Podiumsdiskussion mit dem SoVD-Landesvorsitzenden Bernhard Sackarendt und der Pflegewissenschaftlerin Rosa Mazzola hat er die Notwendigkeit herausgestellt, dass alle Altersgruppen gemeinsam an Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen arbeiten müssen.

Organisiert hatte die Veranstaltung der SoVD-Ortsverband Lingen in Verbindung mit der Lingener Seniorenvertretung. Federführend hatte sich Siggi Gebbeken, Vorsitzender des Lingener Ortverbandes, um den Auftritt Münteferings gekümmert. Gebbeken zeigte sich in seiner Begrüßungsansprache dankbar, dass Müntefering sich bereiterklärt hatte, den Vortrag zu halten. „Und ich freue mich, dass wir mit dieser Veranstaltung das Interesse so vieler Menschen wecken konnten“, so Gebbeken.

Wie Müntefering gleich zu Beginn seines Vortrags darlegte, sei die Auffassung falsch, dass man über das Alter nicht reden müsse, da man von selbst älter werde. Wichtig sei, sich darüber Gedanken zu machen, welche Ziele auch im fortgeschrittenen Alter noch verfolgt werden könnten. Besonders mit Blick auf die Einsamkeit sei es nötig, sich aktiv um soziale Kontakte zu bemühen und diese Situation nicht als gegeben zu akzeptieren. „Wir dürfen das nicht einfach so laufen lassen“, so Müntefering.

Zum Rezept für ein aktives Leben im Alter gebe es drei zentrale Dinge: Laufen, Lernen und Lachen, die drei L´s, wie sie Müntefering nennt. Das Lernen habe eine große Bedeutung. Wer weiterhin breit sei, sich neues Wissen anzueignen, könne auch die aktuellen Herausforderungen besser bewältigen. Man müsse beispielsweise kein Experte in der Digitalisierung werden. „Das bin ich auch nicht“, gab Müntefering zu. Aber wer heute ein Smartphone bedienen könne, habe mehr Möglichkeiten, als jemand, der nicht bereit sei, sich mit der modernen Technik auseinanderzusetzen. Deswegen habe er sich dazu entschlossen, ein Smartphone zu nutzen. Gleichzeitig könne das L nicht nur für das Lernen, sondern auch für das Lehren stehen, denn das Wissen der Älteren sei heute gefragt. „Jeder kann sich mit seinen Erfahrungen einbringen und beispielsweise Nachhilfe geben, wenn er die notwendigen Kenntnisse besitzt“, so Müntefering.

Laufen sei eine weitere Möglichkeit, um sich aktiv zu betätigen. Bewegung müsse auch im Alter eine Rolle spielen. „Der Spaziergang oder auch eine regelmäßig betriebene sportliche Betätigungen ist das A und O, um sich fit zu halten. Das macht man am Besten in der Gruppe mit Gleichgesinnten, mit denen man im Anschluss noch einen Kaffee oder ein Bier trinken geht“, erklärte der Ex-Politiker. So könne man auch der Einsamkeit vorbeugen, denn ein Gespräch wirke sich positiv auf das Wohlbefinden aus. In diesem Sinne sei auch das Lachen gemeint. 

Die Podiumsdiskussion, die von Katharina Mehring moderiert wurde, vertiefte die von Müntefering aufgeworfenen Thesen. Bernhard Sackarendt machte darauf aufmerksam, dass es viele ältere Menschen gebe, die wegen ihrer finanziellen Situation Schwierigkeiten hätten, sich am gesellschaftlichen Leben zu beteiligen. „Wer wenig zum Leben hat, dem wird es erschwert, an Aktivitäten teilzunehmen“, sagte der SoVD-Landesvorsitzende. Er forderte deshalb, dass die Voraussetzungen geschaffen werden müssten, um ältere Menschen zu unterstützen und Altersarmut vorzubeugen. Gleichzeitig müssten Barrieren abgebaut werden, um die Teilhabe der Senioren zu ermöglichen.

Mit Blick auf das Emsland sorgte Rosa Mazzola, Professorin für Pflegewissenschaften an der Hochschule Osnabrück, für viel Applaus. Sie legte dar, dass hier besonders ältere Frauen vor Problemen stünden, da sie wegen der traditionellen Familienstrukturen oft von Altersarmut betroffen seien. „Frauen werden älter als Männer, aber sie haben nichts davon, weil ihnen die finanziellen Mittel fehlen“, machte Mazzola deutlich. „Wenn der Mann stirbt, müssen Frauen oft mit wenig Rente auskommen, da sie in den meisten Fällen wegen der Kindererziehung keiner beruflichen Tätigkeit nachgegangen sind oder nur in Teilzeit gearbeitet haben“, sagte Mazzola. Die Witwenrente reiche selten. Auch seien Frauen oft diejenigen, die Pflege für Angehörige leisten. Dies werde nicht entsprechend entlohnt. Die im Emsland oft getätigte Aussage „Willkommen bei den Machern“ gehe auf Kosten der Frauen, die ihren Männern ermöglichten, ihren Beruf ohne Einschränkungen auszuüben.

Müntefering und Sackarendt schlossen sich dieser Meinung an. Müntefering betonte darüber hinaus, dass es notwendig sei, sich aktiv einzubringen. In den Kommunen müssten die Voraussetzungen geschaffen werden, um die Senioren, beispielsweise über Seniorenvertretungen, einzubinden. Gemeinsam solle an bestehenden Problemen gearbeitet werden. Er appellierte: „Sprechen Sie mit den jungen Menschen und bleiben Sie offen für neue Ideen.“ Älterwerden sei kein Problem, sondern Teil der Lösung für zukünftige Herausforderungen.